Ist die Wärmepumpe zu laut, lernt man seine Nachbarn kennen. Dreht man an den Parametern, sollte man den Erfolg überprüfen können. Eine Homestory mit meiner Wärmepumpe.
Unser Sanierungsabenteuer
2021 kauften wir ein vermeintliches Schnäppchen: ein Haus von 1930. Aus "ein paar neue Tapeten" wurde schnell "wir müssen auch den Boden erneuern". Am Ende konnte man vom Dachgeschoss bis in den Keller durchsehen – eine Komplettsanierung war unumgänglich.
Das Haus hatte eine uralte Warmluftheizung, die mit Gas oder wechselweise mit Holz im Keller warme Luft erzeugte und durch ein Rohrsystem verteilte. Das war nicht nur ineffizient, sondern auch staubig. Also beschlossen wir, ein modernes Heizkonzept umzusetzen.
Statt Heizkörper entschieden wir uns für eine Fußbodenheizung, dämmten die Kellerdecke und dann gleich das ganze Haus. Und dann entstand die Idee mit der Wärmepumpe.
Für alle Hausrenovierer, die das hier zufällig lesen: Keine der Entscheidungen war so klar strukturiert, wie es sich hier am Ende anhört. Schlaflose Nächte und endlose Recherchen im Internet haben uns begleitet.
Die Wärmepumpe und ihr Aufstellungsort
Normalerweise steht eine Wärmepumpe (das Gerät mit dem Ventilator) draußen: vor dem Haus, hinter dem Haus oder im Garten – oft hinter einem Busch. Man braucht ein frostsicheres Fundament und muss an den Kondensatabfluss ins Erdreich denken. Außerdem ist eine Fernwärmeleitung zum Haus nötig – ziemlich umständlich.
Wir haben es anders gemacht. Unser Erdgeschoss hatte nur ein schlecht platziertes WC, das auf dem Weg in den Keller lag. Man musste also durchs WC, um in den Keller zu kommen. Eher unpraktisch.
Also haben wir einen kleinen WC-Anbau mit Flachdach gebaut. Unsere Handwerker hatten die clevere Idee, die Wärmepumpe auf dieses Flachdach zu stellen. Das brachte viele Vorteile:
- Kein Platzverlust im Garten
- Kein Bedarf an einem Fundament und einer Fernwärmeleitung
- Rohrleitungen verlaufen durch die Wand im warmen Bereich und sind frostsicher
- Kondensatablauf geht direkt ins Abwasser
So haben wir eine praktische und platzsparende Lösung gefunden.
Motivation zur Auswertung
Der Ventilator der Wärmepumpe ist vom Haus weggerichtet und zeigt auf die Gärten der anderen Häuser. Also mehr als 50mtr bis zum nächsten Haus. Trotzdem hatte ich Bedenken wegen des Lärms, aber der Hersteller und die Handwerker beruhigten mich.
Leider gab es dann doch Beschwerden. Nicht der Luftschall ist das Problem: Unsere Doppelhaushälfte überträgt das Brummen, also den Körperschall der Wärmepumpe über den Anbau, auf dem sie steht.
Anfangs dachte ich auch, ich höre die Wärmepumpe, aber oft waren es nur der Kühlschrank, die Waschmaschine im Keller oder der Verkehr von der nahen Straße. Inzwischen höre ich die Wärmepumpe kaum noch. Aber ich verstehe jetzt, warum man sie oft hinter Sträuchern versteckt wird: Es ist die Psychologie – was man nicht sieht, hört man weniger. Denn ein Strauch bremst den Schall ungefähr so sehr wie Eierkartons in einem Proberaum - nämlich gar nicht.
Trotzdem wurde es kurzzeitig zu einem Nachbarschaftsproblem. Wir sprachen miteinander und stellten fest, dass die Wärmepumpe nur zu bestimmten Zeiten wirklich stört - und zwar Nachts. Die Lösung des Herstellers: der Silent Mode der Wärmepumpe.
Der Silent Mode macht die Wärmepumpe leiser. Warum nutzt man den dann nicht immer? Dazu muss man dann selbst weiter recherchieren. Denn das wird nicht ganz so offen erzählt: Der Silent Mode drosselt die Leistung der Wärmepumpe. Das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass bei kaltem Wetter der Heizstab schneller aktiviert wird- Weil die Wärmepumpe mit gedrosselter Leistung unter Umständen den Heizbedarf nicht mehr decken kann. Und der Heizstab verbraucht viel Strom. Also stellte sich die Frage: Wie oft läuft die denn aktuell Wärmepumpe wirklich? Wo kann man eingreifen und was bewirken dann die Anpassungen der Parameter?
Da fiel mir das Angebot des Herstellers zur Fernwartung ein. Ein Netzwerkkabel in die Steuereinheit und Verbindung zum Router herstellen, dann würde er meine Wärmepumpe überwachen. Hand aufs Herz:
- Was der Hersteller kann, kann ich sicher auch.
- Sicher bin ich nicht der Erste, der das machen will - also googlen wir mal
Home Assistant im neuen Haus
Seit Jahren nutze ich die Open Source Software Home Assistant_. In unserem neuen Haus visualisiere und speichere ich damit Temperaturen und Luftfeuchtigkeit in den Innenräumen. Dafür läuft ein kleiner QNAP-Server, der auf Linux basiert und sehr leicht zu administrieren ist.
Home Assistant besitzt viele Integrationen. Unsere Wärmepumpe nutzt das Steuergerät Luxtronic von Alpha Innotec. Genau wie bei Motorsteuergeräten für Fahrzeuge nutzen auch Wärmepumpenhersteller häufig die gleichen Steuergeräte. Und für die Luxtronik gibt es eine passende Integration. Also: Netzkabel am Steuergerät anschließen, Netzwerkeinstellung vornehmen, die Integration in Home Assistant aktivieren und die Netzwerkadresse hinterlegen - fertig!
Die Daten speichere ich in einer PostgreSQL Datenbank, ideal für eine langfristige Speicherung. Die Einbindung ist unkompliziert.
Ok, ganz so einfach war es nicht: Ich muss herausfinden, welche Sensoren unsere Heizung hat, was sie messen und wie deren interne Kennung ist. Diese Informationen musste ich in der Konfiguration hinterlegen. Aber: Google hilft.
Außerdem: Dadurch lernt man die Funktionsweise seiner Heizung wirklich gut kennen.
Die Datengrundlage in Home Assistant
Das sogenannte Recorder Modul von Home Assistant schreibt alle Events in meine PostgreSQL Datenbank. Relevant sind für mich zwei Tabellen:
In der Tabelle states_meta sind die Entitäten hinterlegt, für die Status-Informationen gespeichert werden. So finden wir die Entität sensor.tasmota_mt681_total_in. Das ist der Sensor für den Zählerstand meines Stromzählers. Die Entität sensor.lux_status_betriebszustand ist der Sensor, der mit den Betriebszustand meiner Wärmepumpe mitteilt. Also ob sie gerade heizt oder nicht.
Die eigentlichen Zustandsdaten finden wir in der Tabelle states. In der Spalte state ist der aktuelle Zustand hinterlegt. die Tabelle ist im Screenshot auf den Sensor für den Betriebszustand gefiltert.
Die Tabelle ist gut aufgebaut - für die Auswertung benötigen wir:
- state_id: der Primärschlüssel, den wir benötigen für den Vorgänger-Zustand
- state: hier steht natürlich die wichtigste Information (Zählerstand, Betriebszustand, Luftfeuchte etc.)
- old_state_id: hier steht für den Sensor der Vorgänger-Zustand - gerade beim Betriebszustand der Wärmepumpe benötigen wir den, um herauszufinden, wie lange die Wärmepumpe denn geheizt hat
- last_update_ts: last_changed ist eine alte Spalte mit einem TimeStamp. Diese wird nicht mehr befüllt. Dafür gibt es jetzt last_update_ts - ein Zeitstempel im Epoch-Format.
- metadata_id: Das ist die ID des Sensors, der in der Tabelle states_meta definiert ist.
Die Betriebszustände
Durch den Betriebszustands-Sensor erhalte ich die Info, in welchem Zustand sich die Wärmepumpe befindet. Home Assistant schreibt immer nur dann einen neuen Zustand, wenn sich der Zustand verändert hat.
Durch die Auswertung der Zustände habe ich gelernt: Es gibt mehr als nur an und aus. Es gibt:
- no request: Die Wärmepumpe ist aus.
- heating: Die Wärmepumpe erzeugt warmes Wasser für das Heizungssystem.
- hot water: Die Wärmepumpe erzeugt warmes Brauchwasser.
- defrost: Im Split-Gerät bildet sich Kondensat. Damit das im Winter nicht einfriert und auch die Leitungen nicht einfrieren, gibt es einen Abtaumodus. Die Wärmepumpe heizt sich quasi selbst auf.
Möchte ich herausfinden, wie oft die Wärmepumpe "an" war, importiere ich die states-Tabelle, filtere nach meinem Sensor, erzeuge aus dem Zeitstempel noch ein Datum, damit wir die Anzahl pro Tag rechnen können - und lade die Daten. Und dann muss ich nur noch filtern nach heating, hot water und defrost. Ganz einfach - wäre da nicht dieser Zeitstempel im Epoch-Format...
Das Epoch-Format
Hier handelt es sich um ein Unix Format, in welchem die Sekunden seit dem 01.01.1970 gezählt werden. Genaues erfährt man beispielsweise hier.
Für Power Query ist Epoch lästig. Eigentlich möchte ich die Daten einer Datenbank importieren und dann mit Filtern eingrenzen und mit anderen Tabellen verknüpfen ohne SQL schreiben zu müssen. Denn: Halte ich mich an ein paar Regeln, erzeugt Power Query im Hintergrund über das Query Folding ohnehin SQL.
Prinzipiell geht das hier auch. Man benötigt dafür eine Benutzerdefinierte Funktion für die Umrechnung von Epoch in einen Zeitstempel. Die Kollegen von curbal.com haben dazu ein Video gemacht, in dem das gut erklärt wird.
Leider ist das nur die halbe Wahrheit: Home Assistant legt alle Zeitstempel in UTC an. Das bedeutet für mich, um den Zeitstempel nutzen zu können, muss ich diesen erst auf meine Zeitzone anpassen. Dummerweise gibt es dann noch die Sommer- und Winterzeit.
Und ab dann wird mir das zu blöd. SQL-Datenbanken haben eingebaute Funktionen, um Epoch in Zeitstempel umzuwandeln - und beachten auch direkt die lokale Zeitzone sowie Sommer und Winterzeit.
Also schreibe ich eben doch SQL.
Wie oft lief denn nun meine Wärmepumpe
Der SQL mit der eingebauten Funktion in PostgreSQL ist sehr einfach. Man muss also kein SQL-Künstler sein:
Wenn man es lesbarer halten möchte, also den Namen des Sensors nutzen will, dann joined man sich die andere Tabelle dazu und filtert dort nach dem Namen:
Und dann duplizieren wir die Spalte TS und wandeln sie in den Datentyp Date um, damit wir später mit einer vernünfigen Datumstabelle arbeiten können.
Dann erstellen wir folgendes Measure
Wir erzeugen noch eine Kalendertabelle direkt im Datenmodell (beispielsweise über diese Kopiervorlage). Und schon kann ich auswerten, wie häufig die Wärmepumpe pro Tag gestartet wurde:
Das ist ohnehin eine wichtige Kennzahl. Denn ein Wärmepumpe läuft lieber weniger oft und lang, als häufig und kurz. Ein bisschen vergleichbar mit dem Auto. Neben der Lebensdauer kommen außerdem höhere Stromkosten dazu.
Ereignis Darstellung mit dem Event Viewer
Herausfinden und insbesondere für die Nachbarn darstellen wollte ich aber den jeweiligen Zustands-Verlauf an einem Tag. Dafür habe ich das Custom Visual Event Viewer in der App Source gefunden. Hier kann man von verschiedenen Devices den Zustand in einem Verlauf darstellen.
Dazu benötigt man allerdings ein Device. Daher habe ich kurzerhand eine berechnete Spalte in meinen Betriebszuständen angelegt, in der einfach "WP" steht:
Wenn ich dann anschließend noch die Farben anpasse, damit no request weiß erscheint, erhalte ich folgende Darstellung:
Und damit kann ich dann wieder ins Gespräch gehen mit der Nachbarschaft, ob sich denn die Zeitpunkte der aktiven Zeit der Wärmepumpe geändert haben.
Ausblick
Der Appetit kommt ekanntlich beim Essen:
- Wie ist der Temperatur-Verlauf des Pufferspeichers, damit morgens immer genug Warmwasser zum Duschen verfügbar ist
- Wie hoch ist der Stromverbrauch pro Wärmepumpen-Lauf
- Wie hoch die erzeugte Wärmeenergie pro Lauf
- Und dann: passt die JAZ (Jahresarbeitszahl) zu den Herstellerangaben?
- ...
Die JAZ machen wir noch. Im nächsten Artikel. Stay tuned!
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